Vergeßt euch selbst

Das Bedürfnis nach feinfühligen Empfängern ist groß. Schult euch. Vergeßt euch selbst und eure eigenen, kleinen, geringfügigen Angelegenheiten — die so geringfügig und uninteressant werden, wenn man sie mit den ungeheuren Problemen unserer Zeit vergleicht. Behaltet ein aufmerksames Ohr für die Stimmen, die von der Welt des geistigen Seins ausgehen, und liebet einander treu und unerschütterlich.

Alice A. Bailey, Telepathie und Ätherkörper, 38

Die Überschattung Jesu durch Christus

Wenn jemand die Funktion als Medium mit vollem Bewußtsein übernimmt und seinen Körper verständnisvoll einem Wesen zur Verfügung stellt, das ihm wohlvertraut ist und das Einlaß sucht, um geistigen Zielen zu dienen und Mitmenschen zu helfen, dann kann diese mediale Tätigkeit richtig und gut sein. Aber wie oft findet man schon solche Medien? Nur wenige Medien kennen die Methode, wie man eine Wesenheit in den Körper eintreten läßt und dann wieder entläßt, und nur wenige wissen, wie man dabei vorgehen und sich so verhalten muß, daß ihnen auch nicht für einen Augenblick unbewußt bleibt,

{13-26}

was sie tun und welchem Zweck sie dienen. Bewußt und mit Absicht leihen sie vorübergehend einer anderen Seele ihren Körper für einen Dienst, bewahren aber dabei während der ganzen Zeit ihre volle Unversehrtheit oder Ganzheit. Diese Art von Hingabe fand ihren höchsten Ausdruck, als der Jünger Jesus seinen Körper für das Wirken Christi zur Verfügung stellte. Der Schlüssel zum Verstehen dieser medialen Funktion, bei der die eigene Integrität gewahrt bleibt, liegt in dem Wort „Dienen“. Wenn man einmal diese wahre Funktion eines Mediums besser verstehen wird, dann wird man feststellen, daß das Medium bei vollem Wachbewußtsein [13-11] seinen Körper durch die Öffnung am Scheitel des Kopfes verläßt; heute ist es in den meisten Fällen so, daß das Medium durch den Solarplexus austritt, sich dieses Geschehens nicht bewußt ist und sich nachher an nichts erinnern kann.

Es wird dann so sein, daß ein neuer Bewohner bei übereinstimmender Schwingung durch die Kopföffnung in den Körper des Mediums eintritt und dieses Instrument eine Zeitlang für einen bestimmten Dienst benützt.

Alice A. Bailey, Die geistige Hierarchie tritt in Erscheinung, 25

Geheimer Ort und Berufung

Das Tor schließt sich hinter dem Eingeweihten, der jetzt ein angenommenes Mitglied seiner Gruppe ist und wie es der k Alte Kommentar /k ausdrückt: „Sein Laut im Schließen benachrichtigt die zuschauende Welt, daß der Eingeweihte an einen geheimen Ort gegangen ist und um ihn zu erreichen, im wirklichen Sinn, sie ebenfalls durch dieses Tor gehen muß“. Dies übermittelt den Gedanken der individuellen Selbst-Einweihung, der sich alle unterwerfen müssen und zeigt auch das Alleinsein des Eingeweihten in seinem Vorwärtsgehen. Er versteht noch nicht alles, was seine Gruppe als Ganzes erfaßt; er selbst wird nicht verstanden von denen auf der anderen Seite des Tores. Er hat schon eine ganze Weile die Gruppe, an die er jetzt angeschlossen ist, gespürt und zunehmend wird er sich ihrer geistigen Unpersönlichkeit bewußt, die ihm beinahe wie eine Form der Zurückhaltung erscheint und in keiner Weise in ihm diejenigen Elemente nährt, die der Natur der Persönlichkeit entsprechen, und deshalb leidet er. Die Zurückgelassenen, als ein Teil seines alten Lebens, verstehen seine grundsätzliche Unpersönlichkeit (auch wenn unentwickelt) in keiner Weise. Wenn er deren Einstellung bemerkt, ruft sie in ihm eine Verstimmung und ein Kritisieren hervor, das er als unrichtig erkennt; er scheint aber in diesem Stadium unfähig, es zu vermeiden, während jene, die er kritisiert, versuchen, ihn herunterzuziehen oder (wenigstens) zu erreichen, daß er sich verachtet und unbehaglich fühlt.

Zuerst nimmt er vor den Zurückgelassenen Zuflucht zu einem Sich-zurückziehen und zu viel unnötigem und

{18-73}

beinahe aufdringlichem Schweigen. Er lernt, in das Bewußtsein seiner neuen Gruppe einzudringen und durch eifriges Bemühen deren Befähigung für geistige Unpersönlichkeit zu entwickeln. Er weiß, daß es etwas ist, das er erreichen muß – und während er es erreicht – entdeckt er, daß sich diese Unpersönlichkeit nicht auf Gleichgültigkeit oder auf Voreingenommenheit gründet, wie er gedacht hatte, sondern auf ein tiefes Verstehen, auf eine dynamische Konzentration auf den Weltdienst, auf ein Gefühl für Verhältnisse und auf eine Loslösung, die wahre Hilfe möglich machen. So sind das Tor und die Vergangenheit zurückgelassen. Der Apostel Paulus hat dieser Idee Ausdruck verliehen, indem er sagte: „Die Dinge vergessend, die hinter uns liegen, dringe vorwärts zum Preis deiner hohen Berufung in Christus.“ Ich möchte euren Blick auf das Wort „Berufung“ lenken.

Was ist Dienst

Ein weiterer Faktor, den ein Adept beachten muß, ist der, ob jene Chelas inkarniert sind, mit denen jemand arbeiten muß, und die karmisch durch alte Bindungen und vertrauten Umgang in gleicher Arbeit mit ihm verknüpft sind.

Manchmal mag es als weiser erachtet werden, daß ein Mensch noch eine kleine Weile wartet, bis ihm erlaubt wird, den physischen Pfad zu betreten — so lange, bis ein Leben kommt, in welchem seine eigenen Mitarbeiter, die auf seine Schwingung abgestimmt und gewohnt sind, mit ihm zusammen zu arbeiten, auch in physischen Körpern weilen; denn ein Mensch tritt in die Gruppe eines Meisters ein, um Dienst zu leisten und eine spezielle Arbeit zu verrichten, und nicht, weil er eine Ausbildung erhalten soll, die ihn eines Tages zum Adepten macht. Jünger schulen sich selbst, und wenn sie für irgendeine Arbeit bereit sind, dann nimmt sie der Meister in Anspruch.

{04-188}

Sie entwickeln sich selbst und arbeiten an ihrer eigenen Erlösung, und indem sie Schritt für Schritt vorwärtsgehen, bürdet ihnen ihr besonderer Meister immer mehr Verantwortung auf. Er wird sie in der Methode des Dienens und in der Schwingungsreaktion auf den Plan schulen, aber sie selbst lernen, sich zu beherrschen und sich zum Dienst tauglich zu machen.

Briefe über okkulte Meditation, 04-187

Dienst – Körper – Gedankenformen – Erreichbarkeit

Gib die Gedankenformen auf, die jetzt zwischen dir und dem Ashram zu stehen scheinen. Du wirst sie erkennen, wenn du dich drei Tage lang still zurückziehst und dich während dieser Zeit weigerst, über deine Arbeit, deine Gruppen, ihre Angehörigen oder über dich selbst und deine früheren Tätigkeiten und ebenfalls auch über deine Gruppenbrüder nachzudenken. Erstrebe einfach, einen Orientierungspunkt zu mir und dem Ashram zu erlangen; bemühe dich, bewußt auf hierarchische Beeindruckung zu reagieren,

{06-524}

während du (wenigstens diese drei Tage lang) jede Art von Reaktion auf menschliche Ereignisse ausschließt. Strebe nach einem Spannungspunkt, von dem aus neues Bemühen und neue Unternehmungen möglich werden können. Dann weihe dich von neuem dem Dienst an der Menschheit, zur Mitarbeit mit der Hierarchie, und erlange wieder deinen ersten Enthusiasmus in bezug auf uns und unsere Arbeit. Dann nimm deine Kontakte mit der Welt wieder auf. Du wirst es nötig finden, drei Briefe zu schreiben, wenn diese Tage erneuten Kontakt mit hierarchischer Kraft hervorrufen. Du wirst wissen, an wen diese Briefe gerichtet werden und was sie enthalten sollten.

Nimm geeignete ärztliche Hilfe in Anspruch, mein Bruder. Nimm dir Zeit, den physischen Körper in einen besseren Zustand zu bringen. Die Reflexwirkung des Körpers auf den Gefühlskörper und den Denkaspekt ist groß. Als Psychologe weisst du das, aber du wendest das, was du für andere so hilfreich anwendest, nicht auf dich selbst an. Habe Vertrauen, daß ich an dich glaube und dir vertraue, und laß die dir verbleibenden Jahre deines Lebens k in Liebe triumphieren; /k laß sie negativ zu jeglicher Kritik sein. Alle deine Gruppenbrüder haben Probleme zu handhaben, die ebenso schwer sind wie die deinen; biete ihnen und der Hierarchie wertvolle Mitarbeit an. Meine Liebe und mein Segen gehören dir stets, und du weisst es.

Jüngerschaft im Neuen Zeitalter, 06-524

Tiefgründige Meditation über die Vorbereitung für das Wiedererscheinen Christi

TIEFGRÜNDIGE MEDITATION ÜBER DIE VORBEREITUNG FÜR DAS WIEDERERSCHEINEN CHRISTI

k Stadium I. /k

Nachdem ihr eine positive und beabsichtigte Ruhe der Persönlichkeit erlangt habt, formuliert klar für euch selbst und in euren eigenen Worten die Antworten auf die folgenden Fragen:

1. Was ist – als Mitglied der Neuen Gruppe der Weltdiener – meine besondere, bestimmte Absicht in diesem Augenblick der geweihten Verbindung mit meiner Seele?

2. Ist mein konzentrierter und zum Ausdruck gebrachter Persönlichkeitszweck in Übereinstimmung mit dem hierarchischen Zweck – soweit es mir erlaubt ist, ihn zu wissen?

3. Habe ich – in meinem eigenen persönlichen Leben – das Recht erworben (infolge entschlossener Anstrengung und weniger wegen meines Erfolgs), mit jenen Dienern zusammenzustehen, die nun das Werk der Vorbereitung durchführen?

Dies ist das einzige Mal in der Meditation, wo ihr an euch selbst denkt, und zwar, weil es eine Methode der auf die Persönlichkeit konzentrierten Aufmerksamkeit ist, die eure Persönlichkeit auf der mentalen Ebene gleichschaltet.

k Stadium II. /k

Nachdem ihr diese drei Fragen im Licht der Seele beantwortet habt, sprecht mit Nachdruck: „Indem ich die Dinge vergesse, die hinter mir liegen, will ich meinen höheren geistigen Möglichkeiten zustreben. Ich weihe mich erneut dem Dienst für den Kommenden und will alles tun, was ich kann, um das Denken und die Herzen der

{06-227}

Menschen auf dieses Ereignis vorzubereiten. k Ich habe keinen anderen Lebenszweck.“ /k

z PAUSE

k Stadium III. /k

1. Vergegenwärtigt euch die Weltlage so gut, wie ihr könnt, und in Ausdrücken eures Hauptinteresses an der Welt und mit dem Wissen, das ihr über Weltangelegenheiten besitzt. Seht überall die Masse der Menschen in einem schwachen Licht glühen und – hier und da – Punkte helleren Lichts, wo die Mitglieder der Neuen Gruppe der Weltdiener und die Menschen mit geistigen Zielen und liebenden Herzen für ihre Mitmenschen arbeiten.

2. Stellt euch dann (durch die schöpferische Vorstellungskraft) das lebendige Licht der Hierarchie vor, wie es der Menschheit zuströmt und langsam mit dem Licht verschmilzt, das bereits in den Menschen ist. Dann sprecht die erste Strophe der Invokation:

„Aus dem Quell des Lichts im Denken Gottes

ströme Licht herab ins Menschendenken;

es werde Licht auf Erden!“

3. Dann denkt über das Wiedererscheinen Christi nach, begreift, daß er immer dasselbe große Wesen ist, ganz gleich, unter welchem Namen er in den vielen Weltreligionen bekannt sein mag. Denkt tief nach und stellt Vermutungen über die möglichen Folgen seines Erscheinens an. Dann sprecht die zweite Strophe der Invokation:

„Aus dem Quell der Liebe im Herzen Gottes

ströme Liebe aus in alle Menschenherzen.

Möge Christus wiederkommen auf Erden!

4. Versucht, euch auf eure feste Absicht zu konzentrieren, zu dienen und Liebe in eurer Umgebung zu verbreiten, und macht euch klar, daß ihr, k soweit ihr es könnt /k, den Versuch macht, euren persönlichen Willen mit dem göttlichen Willen zu verschmelzen. Dann sprecht die dritte Strophe

{06-228}

der Invokation:

„Aus dem Zentrum, das den Willen Gottes kennt,

lenke planbeseelte Kraft die kleinen Menschenwillen

zu dem Endziel, dem die Meister wissend dienen.“

5. Denkt praktisch durch, was ihr in der kommenden Woche tun könnt, um die Vorbereitung für das Kommen Christi zu fördern.

z PAUSE

Dann sprecht das OM dreimal, indem ihr die dreifache Persönlichkeit dem Werk der Vorbereitung weiht.

Vorschläge:

1. Es wird vorgeschlagen, daß ihr diese Meditation einmal in der Woche, jeden k Donnerstag /k, anstelle eurer regulären Meditation ausübt. Versucht, vor Ausübung der Meditation. die Haltung des Strebens, der Hingabe, des Gebets und der festen Absicht anzunehmen (in dieser Reihenfolge). Esoterische Schüler haben sowohl die Annäherung des Herzens als auch die mentale Annäherung nötig, um diese Meditation zu dem mächtigen Instrument zu machen, das sie sein kann.

2. Versucht, die Ergebnisse der Überlegung, die in dieser Meditation zum Ausdruck gebracht wird, zwischen den Donnerstagen zur Ausführung zu bringen. Macht praktische Pläne und überprüft jedesmal, wenn ihr meditiert, die geplante Tätigkeit im Licht eurer zum Ausdruck gebrachten k Absicht /k.

3. Macht die Meditation kurz und dynamisch. Nachdem ihr sie mehrere Male ausgeführt habt, sollte dies leicht möglich sein; Vergeßt die verschiedenen Stadien und laßt euch von der Aufeinanderfolge und der Synthese in dieser Meditationsform antreiben.

Jüngerschaft im Neuen Zeitalter, Band II, 06-226

Saatgedanken für R.V.B.

1. Der Ashram pulsiert mit Leben. Seine Strahlung durchdringt die äußere Düsternis und Dunkelheit; wartende Aspiranten erscheinen einer nach dem anderen und ganz allein innerhalb des Lichtstrahls.

2. Der Chela wandert diesen Strahl entlang, dem zentralen Lichtpunkt dem Meister seines Ashrams, entgegen. Er bewegt

{06-561}

sich nicht vorwärts, sondern strahlt ruhig aus.

3. Der Chela tritt durch die Tür in den Ashram ein und steht vor dem Meister seines Lebens. Er weiß, daß er eine Seele ist. Er weiß, daß sein Denkaspekt und alle niederen Naturkräfte jetzt das Licht ausstrahlen müssen, das er erlangt hat.

4. Wenn die Chelas einer nach dem anderen ihren Weg in den Ashram und zu dem zentralen Licht finden, wird das Licht in ihm stärker. Die Strahlung des Ashrams wächst zu einer großen Intensität an. Der kleine Lichtstrahl, der seinen Brennpunkt im Herzen des Chelas hat, durchdringt seinerseits, von seinem Auge gelenkt, die äußere Düsternis und ist für die, welche warten, sichtbar.

5. Innerhalb des Ashrams habe ich meinen Platz eingenommen. Mein kleines Licht verbindet sich und verschmilzt mit dem größeren Licht, denn auf diese Weise kann ich am besten dienen. Ich stehe dem Meister gegenüber und weiß, daß sein Licht und mein Licht ein und dasselbe sind. Ich wende mich um und sende mein Licht in die Dunkelheit hinaus, um einen Wanderer nach Hause zu geleiten.

6. Verleihe mir das Licht, daß ich scheinen möge. Laß mich das Licht über die ganze Welt von Zeit und Raum hinausstrahlen, ein Licht erschaffen, das Licht übertragen, und während ich auf diese Weise auf dem Erleuchteten Weg wandle (der mein Erleuchtetes Ich ist), gehe ich in das Licht und strahle somit das Licht sowohl zu denen, die seiner bedürfen, als auch zu denjenigen, von denen es kam.

Jüngerschaft im Neuen Zeitalter, Band II, 06-561

Kristallisation

Ideale sind

{06-531}

Formulierungen des menschlichen Denkens. Die Hierarchie hat keine Ideale. Die Hierarchie ist einfach der Kanal für reine Liebe, und wo Liebe vorhanden ist, besteht keine Gefahr für Härte, Grausamkeit, Missverständnis, für das Umgehen von Tatsachen oder dafür, anderen Leid zuzufügen. Auch vieles, was manche als harmlos ansehen, ist in seinen allgemeinen Wirkungen entschieden schädlich. Ideale, wie sie gewöhnlich verstanden werden, nähren Stolz, führen zu Halsstarrigkeit und rufen eine trennende Überlegenheit hervor; sie erzeugen unpraktische Haltungen und negative Tätigkeiten. Derjenige, welcher sich ihnen auf diese Weise hingibt, dient häufig nur in dem begrenzten Feld, das von seiner erwähnten Arbeit abhängt und von seinem Idealismus beeinflußt wird. Er schließt das Ganze aus und denkt im Sinn der Vergangenheit und so, wie er denken will. Es ist kein wirkliches Verständnis für einen entgegengesetzten Idealismus vorhanden, und häufig wird kein wirklicher Versuch gemacht, seine Grundlage zu verstehen. Die Betonung seiner eigenen Ideale (in seinem eigenen Bewußtsein, selbst wenn sie nicht anderen auferlegt werden) verhindert Verständnis, und er ist so damit beschäftigt, sie aufrecht zu erhalten und zu verteidigen (oft wieder sich selbst gegenüber) und von ihnen beeinflußt zu werden, daß die größeren menschlichen Fragen seiner Aufmerksamkeit entgehen. Er bleibt beharrlich innerhalb der Grenzen seiner eigenen Überzeugungen. Dies macht ihn sofort zu einem Theologen, und seine Brauchbarkeit verschwindet dann schnellstens, ausgenommen in dem intimen Kreis seiner Mitidealisten. Mit der Zeit findet Kristallisierung statt. Eine „Kristallschranke“ wird zwischen der Persönlichkeit und der Seele errichtet. Die Seele ist sichtbar, aber ihr Einfluß wird isoliert. Jedoch – weil noch eine Vision von der Seele fortdauert – ist der Jünger tief unbefriedigt. Die Kristallisierung zieht schließlich alle Aspekte seines Wesens in Mitleidenschaft. Gefühle lassen sich in den „Furchen von Kristall“ nieder. Der Denkaspekt wird starr und brüchig. Der physische Körper kristallisiert ebenfalls und wird schnell alt, weil kein freier Fluß des Lebens vorhanden ist.

Nur eines wird es verhindern, daß dies geschieht. Liebevolles Verständnis und ein sich daraus ergebendes Opfer des Lebens für die Menschheit als Ganzes. Das Beste für die größte Anzahl wird zum Thema seines Lebens, und diesem wird der ganze Mensch untergeordnet.

Kannst du diese Vision begreifen und alles aufgeben? Nur zwei Strahl-Energietypen drücken sich durch deine niedere Natur aus: Intellekt und Idealismus. Denke ein wenig über die Wirkungen dieses unausgeglichenen Zustandes nach und überlege, was er hervorbringen wird. Sei nicht mit deiner mentalen Tätigkeit und Deinem

{06-532}

geweihten Idealismus zufrieden. Reiche über sie hinaus zur Seele, deren Natur Liebe ist und die sich mit der Menschheit und nicht mit einer Gedankenrichtung oder einer Gruppe von Idealen identifiziert.

Du stehst am Scheideweg, mein Bruder. Willst du einem erneuten Dienst, neuen Idealen und einem neuen Zyklus schöpferischen Lebens entgegengehen? Oder willst du dich in einem kristallisierten Zustand und einem eifrigen Ringen niederlassen, um schöpferisch zu werden und Ideale auszudrücken, die vielleicht bereits aufgegeben sind, um für höhere und bessere Platz zu machen. Auf diese Weise würdest du weiterhin in der Aura dessen stehen, was alt ist, und keine weiteren Fortschritte machen und später zu der Einsicht erwachen, daß schöpferisches Leben ein spontanes Ereignis ist und daß deine Ideale durch größere und geistigere abgelöst worden sind.

Jüngerschaft im Neuen Zeitalter, Band II, 06-531

{06-689} … Du kannst ganz entschieden mehr lieben – mit weniger Zuneigung zu den Wenigen und einer außerordentlich vergrösserten Einschliessung und Tiefe für die Vielen. Du kannst dich von gewissen Gedankenformen befreien, welche dein Denken in vieler Hinsicht beeinflussen. Du kannst die Lektion leichter

{06-690}

erlernen, daß ein wahrer Jünger das wünscht, was für die ganze Menschheit am besten ist und nicht das, was du vom Standpunkt irgendeiner Gruppe, Gedankenrichtung oder historischen oder politischen Ordnung für am besten hältst. Du mußt lernen, in einem größeren Maßstab als demjenigen irgendeiner nationalen Gruppe oder Gruppe von Nationen zu denken. Das bedeutet ein intensiveres Studium des Plans und das bedeutet ruhige, innere Erwägung, nicht das Lesen von Büchern oder der Verfolgung einer tieferen Meditation; es bedeutet das Überwinden alter Vorurteile und voreingenommener Ideen, damit das, was neu und gänzlich anders ist als das, was du vermutest oder gedacht hast, in dein Denken eintreten und deine Zukunft beeinflussen kann.

Wenn du dies nicht tun kannst (und es fällt dir nicht leicht, dich von Tradition und Hintergrund freizumachen), besteht die Tendenz, daß Kristallisierung eintritt, und ich weiß, daß dieses etwas ist, das du befürchtest und was nicht zu geschehen braucht. Das große Schutzmittel gegen irgendeine anwachsende Härte oder Starrheit des Wahrnehmungsvermögens ist Liebe, und die große Lektion für alle Jünger ist, bis zum jüngsten Tag immer mehr zu lieben.

Jüngerschaft im Neuen Zeitalter, Band II, 06-689

Abendliche Rückschau in drei Richtungen

Ein Meister muß den Jünger durch die Arbeit, die er zur Förderung des Planes tut, erkennen und abschätzen, und nicht auf Grund der Reaktion des Jüngers auf seine Aspiration. Die aufmerksame Welt muß die vorhandene Phase göttlichen Ausdrucks ebenfalls nach dem täglichen Leben des Jüngers beurteilen. Wonach kann der Zuschauer ihn sonst beurteilen? Der Jünger ist daher beständig einer zweifachen Untersuchung ausgesetzt, zu dieser Prüfung muß er notgedrungen selbst eine dritte hinzufügen: seinen eigenen Standpunkt als Beobachter. Er wird somit einer dreiseitigen Kritik und

{06-79}

 Beurteilung ausgesetzt, und ich möchte euch bitten, diese Tatsache sorgfältig zu erwägen.

Eine abendliche Rückschau in diesen drei Richtungen würde für alle Jünger wertvoll sein, und sie sollten, soweit möglich, die Einbildungskraft als Instrument der geistigen Wahrnehmung gebrauchen; lernt es, euch soweit ihr könnt „vorzustellen“, wie ein Meister euer Bestreben während des Tages beurteilen würde, wie eure beobachtende Umgebung auf euer Leben und eure Worte reagiert haben mag, und wie ihr selbst die Errungenschaften während des Tages betrachtet. Ich möchte dies allen Jüngern und allen von euch empfehlen, die in Ausbildung für meinen Ashram sind; und was ich hier vorgeschlagen habe, könnte auch gut seitens der Arkanschule für ihre älteren Schüler verwendet werden.

Dreiundsechzigstes Lebensjahr

Ich habe eine bestimmte Arbeit geplant, welche die Mitglieder meines Ashrams durchführen müssen; es ist eine Arbeit, die du unternehmen kannst. Sie steht mit der größeren Aufgabe des guten Willens, die mir so sehr am Herzen liegt, in Beziehung; sie wird deinerseits Opfer und womöglich das Aufgeben geringerer Ziele notwendig machen. Wenn du sie erkennst, wird es bedeuten, daß die „Säulen, welche die Annäherung zum Heiligtum deines Meisters schützen“ hinter dir gelassen werden können; du wirst den Punkt erreicht haben, wo du den „Raum der Zurückgezogenheit“ betreten kannst. Wiederum spreche ich in Symbolen. Du bist fast sechzig Jahre alt, mein Bruder. Das dreiundsechzigste Jahr deines Lebens wird, wie im Leben aller Jünger, ein Jahr der Krise und höchsten Gelegenheit sein, und diesem Punkt solltest du entgegensehen, und hierfür solltest du Vorbereitungen treffen. Die Zwischenzeit sollte eine Zeit sein, während der du an den Säulen vorübergehst, während der du von einem Punkt zum andern gehst, während du dein Bewußtsein unverwandt innerhalb des Ashrams aufrecht erhältst und deine Persönlichkeitstätigkeit die Aufgabe verfolgt, die ihr von deiner Seele auferlegt worden ist.

Du wirst bald einer grundlegenden Entscheidung gegenüberstehen, und von dieser Entscheidung wird dein Recht des Eintritts, technisch verstanden, abhängig sein. Ich darf dir nicht einmal das Wesen der kommenden Krise andeuten, noch darf ich dir irgendeinen Fingerzeig in bezug auf die Richtung geben, in der deine Entscheidung fallen sollte. Ich habe jedoch Vertrauen zu dir, denn du hast während der letzten fünf Jahre viel gelernt; du bist von einem Punkt der Stärke zum anderen und von einer Säule zur anderen gegangen; selbst wenn du dir nicht darüber klar warst. Du

{06-637}

wirst das Wesen deiner Stärke entdecken, wenn die Notwendigkeit der Entscheidung dir entgegentritt. Ich erwarte dich im inneren Raum.

August 1946

Heute habe ich dir nichts von größerer Wichtigkeit zu sagen, mein Bruder. Meine letzte Unterweisung für dich war lang und von lebenswichtiger Bedeutung. Du hast ihren vollen Sinn noch nicht aufgenommen. In jener Unterweisung waren zwei Sätze, die ich nochmals in deinem Bewußtsein betonen möchte. Sie sind:

1. Der Weg in das innere Heiligtum ist der Weg äußeren Dienstes.

2. Das dreiundsechzigste Jahr deines Lebens wird – wie im Leben aller Jünger – ein Jahr der Krise und von hervorragender Gelegenheit sein.